Die Mystery Jets sitzen in der ersten Etage eines vornehmen Tonstudios im Westen Londons um einen großen Tisch herum. Unten im Technikraum schleicht Chris Thomas umher, jener legendäre Produzent, der schon Platten wie Anarchy In The UK von den Sex Pistols und Pulps Different Class aufgenommen hat, und gibt dem dritten Album der Band den letzten Schliff. Ehrfurchtsvoll flüstert Gitarrist William Rees: Er kann Dinge hören, die keiner von uns hört. Er hat Ohren wie ein Luchs. Und die besten Stories, nickt Sänger Blaine Harrison. Seine Anekdoten sind einfach unglaublich.
Es war ein ziemlich langer Weg von ihren wackligen Anfängen im Londoner Eel Pie Island Boatyard, wo die Band Samstagabends improvisierte Shows spielte, bis hierhin. Überhaupt waren die Mystery Jets von Beginn an eher ungewöhnlich aufgestellt: Blaine Harrison, damals Drummer der Band, ging an Krücken, sein Vater spielte Bass. Zur Zeit der Bandgründung waren Blaine und William gerade einmal acht Jahre alt.
Mit ihrem viele Jahre später erschienenen, von Prog Rock beeinflussten Debütalbum Making Dense übernahm Blaine Harrison seine Rolle am Gesangsmikro. Wir wollten Crimson, Yes, Pink Floyd und Genesis in einem sein, erklärt er. Dann wurden die Libertines ziemlich einflussreich. Und einiges schrägeres Zeug. als wäre es nicht eigentümlich und schräg genug, als Achtjähriger mit seinem Vater eine Prog-Rock-Band zu gründen. Fürs nächste Album standen Afrobeat und Can Pate. Harfen, Field Recordings und Synthesizer prägten das Klangbild. Wir waren ein ziemlich verwirrter Haufen Kids, sehr enthusiastisch…
Der Sound der jetzt aus dem Erdgeschoss des Tonstudios nach oben dringt, klingt weit weniger nach den kreativen Wirren der vorangegangenen Jahre und doch keineswegs weniger einfallsreich. Der akustische Überschwang des letzten Albums Twenty One von 2008 ist teilweise dunklerem und psychedelischem Pop gewichen. Serotonin handelt von Träumen und Wirklichkeitsflucht. Wir wollten das Gefühl einer gewissen Distanz vermitteln, so als würde man von außen auf die Welt schauen., erläutert Blaines Vater, der zwar keine Konzerte mehr mit der Band spielt, aber immer noch in den kreativen Prozess eingebunden ist.
Die nötige Reife für dieses Album haben sich die Mystery Jets auch mit einem Experiment in Berlin erarbeitet. Unter dem Pseudonym The Crystal Wolf Hunters spielten sie einige Zeit lang quasi inkognito Konzerte in verschiedenen Berliner Locations. Ausschließlich Songs des geplanten neuen Albums standen auf der Setlist. Es war befreiend, das Heilsamste, was wir je gemacht haben. Die Konzerte fanden völlig ohne Werbung statt, nur ein paar Indie-Kids aus der Gegend kamen. erzählt Rees. Das ist wirklich etwas, was wir schon immer machen wollten, seit wir sieben, acht Jahre alt waren nach Berlin gehen, so wie Brian Eno und Bowie., ergänzt Blaine. Meistens machst du ein Album, gehst raus auf Tour, und wenn du dann nach einem Jahr zurück kommst sind die Songs viel besser geworden als sie zu der Zeit waren, in der sie aufgenommen wurden. Die Idee hinter der Berlin-Geschichte war, dass wir das Album live spielen, bevor wir es aufnehmen.